Sonntag, 24. März 2013

Ferien!

Und schon sind die Osterferien da! Mal wieder erschreckend, wie die Zeit wegrennt.
Freitag bin ich völlig umsonst nach Lomé, um eigentlich mein Visum zu verlängern, was man mir aber leider nicht gegeben hat. Es wäre noch zwei Wochen gültig, daher ginge das nicht - komisch nur, dass das bei der letzten Verlängerung auch so geklappt hat. Und so ist man leider mal wieder der Willkür des togolesischen Systems ausgesetzt, allerdings wurde mir zugesichert, dass ich in zwei Wochen dann ja mit einem speziellen nur für mich ausgewählten 2-Monatsvisum(es gibt nur 1 oder 3 Monate normal) Geld sparen könnte - seien wir gespannt!
Gestern war dann wieder eine Situation, die mir gezeigt hat, wie sehr sich mein Verständnis oder eher Bewusstsein verschiedener ethnischer Gruppen geändert hat. Als ich herkam, war für mich weiß und schwarz wirklich das Gleiche, ich selbst hatte keine Vorurteile und dachte auch nicht, so extrem harte Erfahrungen zu machen. Nach allem was passiert ist habe ich es gestern tatsächlich nicht geschafft, bei einem Picknick einer meiner Schulen von dem Essen zu essen, was die Schüler durch eigenes Geld für alle zubereitet haben zu essen, da ich zu große Angst hatte, dass vielleicht irgendeiner unter ihnen sagen könnte "Warum ist denn die Weiße, die sowieso total reich ist, von unserem Essen wofür wir mühsam Geld zusamme gelegt haben?!" Das ist auch absolut unwahrscheinlich, aber so groß sind meine Ängste mittlerweile, ich selbst war einfach total schockiert darüber, denn ich dachte eigentlich, dass ich mit meinem Aufenthalt hier schwarz und weiß noch mehr zusammen bringen kann, irgendwie habe ich aber das Gefühl, dass für mich eine riesige Kluft mit Berühungs- und Diskriminationsängsten entstanden ist.
Auch mit Irene ist es etwas schwierig im Moment, da sie einerseits relativ undankbar erscheint, da sie sich im Prinzip permanent nur über ihre neue Wohnsituation beschwert. Klar, natürlich ist es nicht leicht, mit einem völlig fremden Mädchen zusammen zu wohnen(die sich aber zuckersüß wie eine große Schwester um Irene kümmert!!) und auch ist dort kaum von Luxus zu sprechen. Aber jetzt ist sie frei und wird nicht mehr misshandelt. Irene will am liebsten bei mir und Lisa wohnen, da sie hier "verwöhnt" würde, aber das ist schlicht und ergreifend keine Lösung, da wir bald weg sind und dann stehen wir wieder vor dem gleichen Problem. Anstatt das so zu sehen, beschwert sich Irene nur über Hitze, Moskitos und schlechtes Wasser - nicht, dass es diese Phänomene überall in Togo gibt. Auch ist ihr der Umgang mit Geld in keinster Weise bekannt. Sie denkt nun, alles kaufen zu können, sozusagen von der Hölle ins Paradies, und vergisst dabei gewisse Grenzen und schmeißt das Geld aus dem Fenster. Wir haben jetzt schon mehrere ernste Gespräche mit ihr geführt und ich hoffe, dass sie jetzt langsam versteht, dass mit mir nicht der Reichtum in ihr Leben gekommen ist, sondern ich eine gute Basis für sie bilden und sie nicht verhätscheln will. Es ist verdammt hart, zu einem Mädchen, was so gelitten hat, jetzt streng zu sein!
Ja, das sind mal wieder drei eher negative Nachrichten aber all das ist jetzt erstmal im Hintergrund denn jetzt gleich geht es (schon wieder) nach Lomé und dann werde ich - es ist so unglaublich - meinen Papa vom Flughafen abholen!!!!!!!!! :-) :-) Wenn das kein Grund zur Freude ist. Morgen geht es dann direkt los nach Ghana, nächsten Montag sind wir zurück in Kpalimé. Bis dahin werdet ihr also nichts von mir hören, keine Sorgen, sondern seit gespannt auf meine Erzählungen von dem toll entwickelten Nachbarland - ich bin gespannt, ob ich dort schon einen Kulturschock kriege.
In diesem Sinne, euch allen ein schönes Osterfest.

Sonntag, 17. März 2013

Geburtstagwochenende

So, das war er mein 20. - aus und vorbei die Jugend!
Und ich muss sagen, man hat sich alle Mühe gegeben, damit ich bloß kein Heimweh kriege, vor allem natürlich meine liebe Lisa.
Los ging es am Freitag mit einem absolut umwerfenden Frühstück - Orangensaft und Omelette!! Naja, das Bild sagt euch genug ;-) Dazu gab es auch schon tolle Geschenke, wie ein neues Kleid, Holzarbeiten oder von meiner Mama eine tolle Konzertkarte :-)
Mittags sind wir in die Stadt um, haltet euch fest, die Zutaten für einen Streuselkuchen zu kaufen, mit dem wir unseren Backofen eingewiehen haben. Alles mit großer Verzögerung, da uns zuerst drei Stunden lang der Strom und dann das Wasser abgekappt wurde, aber ich kann euch sagen, so gut wie vom Bäcker Simon hat er geschmeckt! Den ganzen Tag über sind Leute vorbei gekommen um zu gratulieren - nicht zuletzt der Überraschungsbesuch aus Lomé namens Marleen und Anika! Das Ganze dann abgerundet mit einem schicken Tropensturm und Platzregen, ein Zeichen für Glück hier in Afrika. Abends sind wir lecker beim "Belgier" Hamburger und Pommes essen gegangen, zum Geburtstag gönnt man sich eben was.


Anika und Marleen
Am Samstag kamen dann die anderen togolesischen Freunde aus Lomé hoch, mit im Gepäck einen Geburtstagkuchen mit Namen und Kerzen versehen, ein Video davon hat meine Kamera leider wieder im Nachhinein von alleine zerstört :-( Nach dem Mittagessen sind wir mit dem Auto eines Bekannten(seeeeehr praktisch!) auf den Markt die Sachen für unser Festmahl am Abend holen gegangen: Salat mit Thunfisch und Mais, ja, das ist für mich in Togo ein absolutes Festmahl! :-) Mit Sangria, Schminke, Locken und neuem Kleidchen ging es dann gestern Abend auf die Piste, bis uns - erneut - der Storm genommen wurde und wir damit sozusagen gezwungen wurden, ins Bett zu gehen.
Meine beste Lisi :)
Den heutigen Tag haben wir für einen Ausflug an ein wunderschönes Schloss genutzt, dass leider leersteht da es dem Staat gehört, und der ja genug Geld besitzt, anstatt dort ein Hotel reinzubauen, denn dieses Schloss ist ein kleines Paradies, man würde reich damit. Aber gut, das ist mal wieder der togolesische Staat. Vorher war ich noch bei einer meiner Schülerinnen zum leckeren Fufu mit Erdnusssauce essen eingeladen, mal wieder ein Gaumenschmaus. Jetzt eben gab es dann noch das versprochene Hühnchen, allerdings haben wir uns doch für die sanfte Variante entschieden, und bereits getötetes Huhn auf dem Markt gekauft, dennoch, äußerst lecker!
Jetzt falle ich einfach nur tot ins Bett, denn das Ganze war zwar super schön, aber auch super anstrengend - mit 20 geht es eben nicht mehr so einfach ;-) In diesem Sinne, gute Nacht!

Donnerstag, 14. März 2013

Eigentliche Heimreise

Und schon ist es der 14. März, der Tag an dem ich eigentlich heimgeflogen wäre.
Egal, wie schwer die letzten Wochen vor allem waren, wie oft ich mich über die Einstellung der Menschen hier gegenüber der Weißen ärgere, wie oft ich manchmal an Heimweh leide, meine Freunde und Familie vermisse und mir die tollen Dinge aus Deutschland fehlen, war es eine der besten Entscheidungen meines Lebens, meinen Aufenthalt hier in Togo zu verlängern. Ich würde wirklich völlig aus meinem mittlerweile recht gefestigten Leben hier herausgerissen werden, ich habe noch lange nicht abgeschlossen, sondern noch viel vor mir. Als Hauptprojekt mittlerweile natürlich meine kleine Irene, ich will alles sichern für ihre Zukunft und detailliert planen, würde ich jetzt gehen, würde ich sie völlig in der Luft hängen lassen.
Auch meine Schüler sind gerade in der Schwebe, im Mai stehen die Abi- und Realschulprüfungen an, so kann ich sie jetzt bis dahin begleiten.
Alles in allem bin ich immer noch sehr glücklich hier und, wenn man das so sagen darf, auch etwas stolz auf mich, dass ich nicht den Mut verloren und kapituliert habe. Außerdem wäre der Wechseln von 35 Grad hier in den Schnee, der Deutschland wieder eingeholt hat, doch etwas zu hart ;-)
Morgen ist dann tatsächlich schon mein 20. Geburtstag - meine Güte, ich werde alt! Gerade morgen werdet ihr mir alle noch mehr als sonst fehlen, nicht zuletzt auch das gute deutsche Essen und die feine Kuchenauswahl am Mittag, aber man scheut hier keine Mühen, mir morgen einen tollen Tag zu machen - als verschwinden Leute und suchen scheinheilige Ausreden, was sie erledigen müssen, um irgendetwas heimlich zu organisieren, es kommen sogar Freunde aus Lomé hoch und das Highlight schlechthin ist wohl, dass am Samstag ein Huhn zu meinen Ehren geschlachtet wird! Wenn das mal nichts ist. Und gleich hole ich dann noch super schönes neues maßgeschneidertes Kleid bei Mimi, meiner Schneiderin, ab und dann dürften wir fit für das Geburtstagswochenende sein! Bericht folgt am Sonntag :-)

Montag, 11. März 2013

Der Horror ist (hoffentlich) vorbei

Ja, vielleicht hat dieser ganze Alptraum, den ich in der letzten Woche hatte, endlich ein Ende gefunden.
Eben habe ich den super offiziellen Brief des Staatsanwalts bei der Justiz abgeholt, der mir jetzt offiziell bestätigt, das Aufsichtsrecht für Irene zu haben, damit sind wir auf der sicheren Seite, da alles rechtlich abgesichert und akzeptiert ist. Ebenfalls haben wir beim Chef der Gendarmerie die "Sicherheitsgarantie" beaantragt, von der ich euch erzählt hatte und auch das ist weitesgehend durchgegangen.
Viel wichtiger ist aber das zu 100 Prozent positive Ergebnis unserer Reise nach Atakpamé gestern. Wir haben dort Irenes Mutter, sowie einen Bruder und eine Schwester getroffen. Die Armut war wirklich ergreifend, noch einmal kann ich sagen, dass jeder Cent gut gebraucht wird. Wir haben fast zwei Stunden dort verbracht, um alles zu klären. Zunächst hat die Mutter, natürlich nur auf Ewe, erklärt, wie sie die ganze Geschichte durchlebt hat, und dass sie Angst vor mir und um ihr Kind hatte ist absolut logisch: Die Gastmutter hat ihr gegenüber so getan, als ob sie mich nicht kenne, Irene wäre zu irgendeiner Weißen namens Hannah gegangen - nicht, dass ich über vier Monate in ihrem Haus gewohnt habe - und sonst auch kein einziges der positiven Dinge, wie den unterschriebenen Vertrag und die Abmachung gemeinsam nach Atakpamé zu fahren, erwähnt.
Nachdem wir alle unsere Geschichten erzählt hatten und auch Irene dieses mal wesentlich besser geredet hat, hat ihrer Mutter auf einmal alles unendlich Leid getan, sie hätte sich beinahe vor mir hingekniet um um Entschuldigung zu bitten und gesagt, dass sie schon am Mittwoch als ich so bitterlich geweint habe, riesiges Mitleid hatte.
Die Mutter hat uns erklärt, dass sie schon lange wussten, dass Irene dort so höllisch leidet, es ihrer Meinung nach aber immer noch besser als ein Leben in Atakpamé war, denn so konnte sie wenigstens zur Schule gehen und damit die Hoffnung der Familie darstellen. Wäre sie in Atakpamé gewesen, hätte sie ab dem Kindesalter jeden Tag mit auf dem Feld arbeiten müssen. Sozusagen die Wahl zwischen Pest und Cholera... Doch jetzt habe sie erkannt, dass mit mir das wohl größte Glück ihres Lebens in ihr Leben getreten sei(ich sage euch, bei so Worten kriegt man Gänsehaut am ganzen Körper!). Trotzdem hat sie ganz scheu gefragt, wie lange ich Irene denn fördern wolle. Als ich noch fast im selben Moment ohne eine Sekunde zu zögern gesagt habe, dass das eine Sache fürs Leben und nicht für ein paar Monate ist, war ihr letzter Zweifel verschwunden und zum ersten Mal habe ich diese kleine Frau lächeln sehen.
Festgehalten haben wir jetzt auch, dass Irenes Bruder Badim demnächst nach Kpalimé kommt, damit er unsere Situation von Ort, unser Haus und alles andere kennenlernt.
Kurz vorm Abschied habe ich Irenes Mutter 10.000 CFA, sprich circa 15 Euro, gegeben (ich hätte gerne noch mehr gegeben, davon hat mir Georges aber abgeraten, da dies bereits mehr als ein Monatsverdienst dieser Familie ist), was die Mutter zu Tränen gerührt und, wie man mir sagte "die stärksten Worte der Ewe Sprache" zu sagen, gebracht hat. Ich werde wohl jetzt den kompletten Segen Gottes auf meiner Seite haben!
Ich mit Irene und ihrer Familie
Gestern Abend haben wir Irene noch zu Cheritah, einer meine Schülerinnen, mit der sie jetzt zusammen wohnt, gebracht. Es war schon komisch, auf einmal hatte ich sozusagen ein Kind und dann zieht es nach einer Woche schon wieder aus! Fällt einer frischgebackenen "Mama", wie Irene mich jetzt nennt, gar nicht so leicht. Insgesamt hat man gemerkt, dass es für sie auch ziemlich hart ist, aber es ist wirklich notwendig, dass sie jetzt schon dort wohnt, damit ich bis Mai beobachten kann, ob das alles glatt läuft. Wir sehen uns trotzdem jeden Tag! Das Geld lasse ich ihr in Wochenraten zukommen, da sie mit zu großen Summen schlicht überfordert wäre und das Geld nicht gescheit einsetzten würde. Bald fangen wir dann auch damit an, dass sie selbst durch den Verkauf von selbst fabrizierten Süßigkeiten oder Bäckereien ein bisschen Geld zu verdienen, denn schließlich soll es jetzt nicht so sein, dass ich sie bis an mein Lebensende finanziere und sie sich faul ausruhen kann, sondern sie selbst alles Mögliche tut und ich "nur" als Unterstützung diene. Aber da ich mein Mädchen kenne, weiß ich, dass es für sie gar nicht in Frage kommt, sich auf meiner Hilfe auszuruhen.

Mittwoch, 6. März 2013

Der schlimmste Tag meines Lebens

Jeden Tag schreibe ich euch im Moment Horrorstories, sage, das und das war das schlimmste was ich je gesehen/gehört habe. Aber heute, so bin ich mir ziemlich sicher, war der Höhepunkt von allem und etwas, was ich wohl nur sehr schwer psychisch verarbeiten werde.
Wie ich euch berichtet habe, wurde ich heute morgen um 8 Uhr zum Verhör zur Gendarmerie geladen. Nur zur Erklärung: Die Gendamerie ist landesweit, die Polizei hier nur jeweils für die Städte. Wir waren pünktlich um acht da, die Gastmutter mit ihrem Anhang lies natürlich mehr als eine halbe Stunde auf sich warten. Als der Kommentar eines Soldaten dort war "Wir müssen ja nicht die Weißen mit ihrer Pünktlichkeit nachmachen" war mir klar, dass das alles andere als lustig wird.
Im Büro drinnen wurden wir alle von einem, ich nenne es mal Kommissar, verhört. Nachdem die Gastmutter ihre komplette Lügengechichte dargeboten, ich meine wirklich sachliche Beobachung während meiner Zeit in der Familie dargelegt und Irene leider sehr sehr sehr mangelhaft ihre Beschwerden offengelegt hatte, ging das wirklich unfassbare los. Wir, Lisa und vor allem ich, wurden angeschuldigt, das Kind entrissen, manipuliert und misshandelt zu haben. Selbst unser Koordinator Georges konnte nichts regeln, der Kommissar war völlig außer sich und - mit Verlaub - ein wahrer Rassist. Es heißt so oft, wir seien rassistisch gegenüber den Afrikanern, aber heute musste ich selbst erfahren und wirklich lernen, was ich nie als Gedanken klar formulieren wollte: Hier in Togo gibt es , eine absolute Mehrheit der Menschen, die die Weißen wirklich hassen. Wir wurden beleidigt, grundsätzlich nur als "Weiße" und niemals mit dem Namen angesprochen, uns wurde das Wort abgeschnitten und vorgeworfen, wir meinen wir seien was Besseres, könnten einfach in dieses Land kommen und uns verhalten wie wir wollten. Das Verhalten des Kommissars war so unnatürlich und übertrieben, dass es mehr als offensichtlich ist, dass die Gastmutter ihn geschmiert und wir damit mal wieder ein perfektes Beispiel für den Tumor dieses Landes haben: Korruption. Das Ganze endete darin, dass der Kommissar sagte, er wisse, wir verstecken etwas, sei es, dass ich Irene als Sklavin mit nach Europa nehmen will oder gar sie heiraten. Das muss man sich doch mal überlegen!!!!!!!!!!!!(Homosexualität ist hier per Gesetz verboten).
Man kommt hier her, verbringt 8 Monate seines Lebens um hier umsonst zu arbeiten und diesem Land zu helfen, anstatt in Deutschland gutes Geld zu verdienen oder zu studieren, und (nicht, dass je jemand Danke gesagt hätte, sondern als nur nach Geld oder Geschenken gefragt wird) der Dank ist, dass mir vorgeworfen wird ich wolle ein Kind misshandeln, welches ich vor dem sicheren Tod gerettet habe?! Wenn ich nicht zugebe, dass ich etwas derartiges vorhabe, werde er höchstpersönlich dafür sorgen, dass ich ins Gefängnis komme. Georges gerade mit dazu, da sie ihm vorwerfen, die bösen Weißen noch anzustacheln. Für ihn war auch klar, dass Irene entweder in die Gastfamilie zurück, oder mit ihrer völlig mittellosen und offensichtlich leidenden Mutter, nach Atakpamé muss. Damit auch zu einer Frau, von der bis jetzt keiner weiß in welchem Verhältnis zu Irene steht, da sie sie selbst nicht kannte, die heute dabei war, uns mit Abstand am meisten beleidigt hat und zu Irene meinte, sie sei ein schlechtes Kind und werde schon sehen, was ihr in Atakpamé blühen werde.
Letztendlich konnte der Kommissar durch zahlreiche Entschuldigungen für unser "unmögliches" Verhalten(NEIN, ich habe mich nicht entschuldigt!) beruhigt werden, und wir wurden "nur" zur nächst höheren Instanz geschickt. Das war der Moment, in dem ich, ungelogen, im Büro vor allem Leuten zusammengebrochen bin. Ich war, und bin, nervlich einfach am Ende. Ich war so bitter enttäuscht von Irene, da ich wirklich alles für sie gemacht habe, mich aufgeopfert und unendliche Risiken eingegangen, und sie uns dann dort hängen lässt, weil sie es nicht schafft zu reden. Ja, man sollte verstehen, dass das Mädchen völlig verstört und eingeschüchtert ist, aber wir haben ihr das so oft erklärt, dass wir nur dann Erfolg haben können. Draußen hat die Gastmutter schon einen Tanz aufgeführt und gesungen: "Wir haben gewonnen, wir haben gewonnen" All das ist Teil ihres Plans, um uns moralisch so zu entkräften, das wir aufgeben. Nicht mit mir, auch wenn ich kurz davor war, da es ohne Irenes Aussage wirklich nicht auszuschließen war, dass mir etwas Schlimmes zustoßen wird. Blanke Panik.
Unser gutes Glück war, dass ein guter Freund von mir namens Komi, den Chef der nächst höheren Instanz, gut kennt und wir damit gute Karten hatten, so traurig das ist, hier kommt man anscheinend nur so weiter. Er hat sich noch einmal alles in Kurzfassung angehört, jedoch wesentlich sachlicher reagiert und uns letztendlich ans Gericht geschickt. In der Zwischenzeit hat natürlich halb Kpalimé mitbekommen, dass aufgelöst weinende Weiße durch die Gegend laufen, glaubt mir, Kpalimé ist schlimmer als jedes Dorf, was Geschwätz angeht.
Der Staatsanwalt, mit dem wir am Gericht geredet haben, ist der einzige Grund, warum ich noch irgendeinen Glauben an die Menschenheit habe. Auch er hat sich erneut alles angehört, er hat Irene wieder reden lassen, die wieder völlig unmöglich ihre Aussage gemacht hat, anstatt zu sagen, dass sie zuhause geschlagen wurde und schwer krank war, redet sie von Gott und irgendwelchen Duschen - es war bizarr, aber das Mädchen ist einfach völlig unselbstständlich. Verständlicherweise! Bisher wurde sie ja nur unterdrückt. Nur haben die Afrikaner da nicht wirklich Verständnis für, weshalb man sie beinahe wieder vor den wichtigsten Aussagen abgesägt hätte. Der Staatsanwalt und sein Vertreter sind ehrliche Verfechter des Rechts. Das hat selbst die Gastmutter gemerkt und daher dort aufgegeben, und gesagt, sie möchte sich nur von aller Verantwortung befreit werden und auch Irenes Mutter selbst musste einsehen, dass sie ihr Kind nicht zwingen kann, mit nach Atakpamé zu gehen - nicht, dass sie die finanziellen Mittel dazu überhaupt hätte. Diese Frau tut mir unendlich leid, da sie, bis jetzt, vermutlich nichts versteht, völlig verwirrt und verängstigt ist und nur von der Gastmutter bequatscht wird.
Nun jedenfalls haben wir "gewonnen", wenn man die Worte dieser Frau benutzen will. Irene bleibt bis zu den Ferien im August in Kpalimé, wohnt ab nächster Woche mit einer anderen Schülerin zusammen und ich habe das "Verantwortungsrecht"(Es gibt kein wirkliches Wort dafür im Deutschen glaube ich, es ist sozusagen schwächer als das Sorgerecht) und das Ganze ist von der Justiz veranlasst worden, morgen geben wir noch zwei Briefe ab, von denen einer eine Anfrage für eine Art "Sicherheitsgarantie", sprich regelmäßige Besuche sowie einer einstweiligen Verfügung gegen die Gastfamilie, da wir nun wirklich um unsere Sicherheit besorgt sind. Mit dieser Frau ist nicht zu spaßen, ich traue ihr alles zu.
Letztendlich ist alles so gekommen, wie wir es wollten und dennoch sitze ich hier völlig aufgelöst und demoralisiert. Die Dinge, die mir heute an den Kopf geschmissen wurden, hätte ich mir in meinen schlimmsten Alpträumen nicht ausgemalt und dieser unfassbare Hass gegenüber den Weißen lässt es mir eiskalt den Rücken runterlaufen. Ja, unsere Vorfahren haben die Afrikaner misshandelt, aber das war lange vor mir und ich bin hier, um sozusagen davon was wiedergutzumachen. Es ist so traurig, dass die Menschen das hier nicht sehen. Viele zumindest, total rührend war, dass fast alles Frauen aus dem Viertel von der Gastfamilie an das Gericht kamen, da dort alle genau wissen, dass die Gastmutter wie der Teufel ist, sie kamen, um uns sozusagen zu unterstützen, oder andere Leute, die uns in der Straße gesehen haben und nach Erklärungen total fassungslos waren, wie man so reagieren kann, wenn jemand deinem Kind helfen will.
Trotz allem, momentan weiß ich nicht, ob ich bis Ende Mai hier bleiben will, da mich dieser Tag tief in meiner Seele verletzt hat und ich wirklich Angst habe, mich jetzt alleine in Kpalimé zu bewegen. Achso, Hass-SMS von Fabiola sind natürlich auch noch dabei.
Ich werde denke am Sonntag trotzdem nach Atakpamé fahren, Georges ist auch dort, um Irenes richtige Mutter noch einmal zu sehen und ihr alles genau zu erklären, den Brief, den ich ihr geschrieben hatte, hat man heute nicht vorgelesen. Das ist für mich das Schlimmste, diese Frau denkt die bösesten Sachen über mich, da man sie völlig manipuliert hat. Aber das werden wir am Sonntag hoffentlich richten können.
Hoffen wir einfach, dass dieser Spuk jetzt endgültig ein Ende hat und Irene einen neuen Lebensabschnitt beginnen kann.

Dienstag, 5. März 2013

Eskalation

Nein, noch immer findet der Horror kein Ende, sondern er vermehrt sich... Ich selbst kann noch nicht fassen, was sich heute ereignet hat.
Stand der Dinge war ja nun, dass wir Sonntag alle gemeinsam nach Atakpamé fahren, um dort Irenes Mutter zu treffen und die Geschichte endgültig offiziell zu beenden. Warum nur wusste ich, dass das nicht so ablaufen wird, sondern die Gastmutter irgendwas plant?
Heute nach der Schule kam Irene völlig aufgelöst nach Hause und berichtete mir, dass die Gastmutter mit ihren richtigen Mutter sowie zwei anderen Frauen auf sie beim Schuldirektor gewartet hat! Gott sei Dank liebt dieser Irene und hat alleman nach Hause geschickt, sowas habe in der Schule nichts zu suchen, danach hat er Irene beiseite geholt und ihr gesagt, morgen solle sie ihm einmal alles erklären.
Die Gastmutter hat also tatsächlich die bettelarme Mutter von Irene nach Kpalimé bestellt und ihr, wie ihr noch merken werdet, eine absolute Gehirnwäsche erteilt.
Ich habe, nachdem Irene mir alles erzählt hat, sofort Georges angerufen, der durch den Telefonterror der Mutter schon Bescheid wusste, und es wurde ein Treffen in meiner alten Gastfamilie um 17 Uhr festgehalten. Kurz vorher kommt auf einmal ein Brief bei mir zu Hause an - ich muss morgen um 8 Uhr mich vor der Polizei verantworten. Höchstwahrscheinlich bin ich durch Irenes Mutter selbst des Kinderhandels angeklagt. Das muss man erst einmal verdauen.
Wir sind dann, wie abgemacht, pünktlich um 17 Uhr bei der Gastfamilie aufgetaucht, nur war natürlich niemand außer einer uns beleidigenden Fabiola da. Anrufe an die Gastmutter wurden erst nicht angenommen, dann sagte sie einfach nur: Wir sehen uns morgen bei der Gendarmerie. Mal wieder hat diese Frau sich an keinerlei Absprachen gehalten und hinterhältig Pläne ausgeheckt. Fabiola hat mit dem wohl oberpeinlichsten Verhalten überhaupt heute vor anderen Leuten dafür gesorgt, dass alles noch lächerlicher ist. Beinahe hätte sie mir eine Ohrfeige gegeben, sehr schade das nicht, denn dann hätte ich das morgen auch noch gegen sie in der Hand. Gott sei Dank ist jetzt nun auch endlich Georges soweit, den Gedanken, sich im Frieden zu trennen, fallen zu lassen. Jetzt stehe ich hier mit meinen 19 Jahren als Freiwillige, die diesem Land helfen will und habe die wohl abscheulichste Anklage überhaupt am Hals.
Bitte, jedoch habt keine Angst! Wirklich. Ich bin nicht allein, denn mit Georges habe ich den wohl größten Verfechter des Rechts an meiner Seite und mir kann einfach nichts passieren denn: Was soll ich gemacht haben? Irene hat freiwillig ihr Haus verlassen und hat sich freiwillig dazu entschieden, zunächst bei mir zu wohnen, nirgendwo gibt es Zwang. Ich bin fast schon froh, dass die Gastmutter diesen Weg, für sie Fehler, gegangen ist. Denn so kommt das ganze jetzt an die Justiz und auch werden wir uns an Menschenrechtsorganisationen wenden. Diese Frau versteht einfach zu null Prozent, dass sie diejenige ist, die vielleicht sogar ins Gefängnis gehen wird, da sie ein Kind wie einen Sklaven gehalten und misshandelt hat. Aber wie soll man das in den Kopf von Menschen reinkriegen, die sich nach all ihren Schandtaten gut fühlen, sich im Recht sehen und mir jetzt abends noch Hass-SMS schicken? Sie glauben tatsächlich, dass ich morgen alleine als Weiße zur Polizei gehen und ja, dann könnte es schwierig werden, denn leider ist hier Korruption wirklich ein großes Thema und man probiert den Weißen wo es nur geht Geld abzuknöpfen. Fabiola meinte heute auch, morgen wird ihre Hautfarbe schon dafür sorgen, dass ich Weiße mein blaues Wunder erlebe - soviel dazu, dass dort Freiwillige aufgenommen wurden, in solchen Momenten sieht man eben die wahren Denkweisen.
Morgen werden sie sehen was ihnen blüht, denn für mich ist jetzt Schluss mit lustig.Wer mir so kommt, kann sehen. Ganz wichtig ist für mich auch, morgen das Vertrauen Irenes Mutter zu gewinnen, denn das ist das wichtigste. Ich habe einen Brief im Gepäck, den Georges ihr vor Ort auf Ewe übersetzten wird, wenn es damit nicht klappt, weiß ich es auch nicht mehr.
Habt keine Angst, mir kann nichts passieren. Ich halte euch auf dem Laufenden.

Sonntag, 3. März 2013

Irene, die Zweite



Heute habe ich den wohl krassesten Satz meines Lebens gehört „Bevor ich in diese Familie zurück muss, sterbe ich lieber.“ Was muss ein Mensch durchgemacht haben, bis er so was über die Lippen bringt? Was muss meine geliebte Irene alles ertragen haben? Dieser Gedanke bringt mich um, ich wünschte, ich hätte ihr schon viel früher helfen können.
 

Leider ist die Geschichte, wo wie ich sie gestern geschrieben habe, doch nicht zu Ende gegangen. Gestern noch hieß es, dass wenn wir die unterschriebene Verantwortungserklärung abgeben, die Gastmutter Irenes Auszug akzeptiert.
Heute sind wir in die Gastfamilie gefahren um dort wirklich innerhalb von fünf Minuten alles über die Bühne zu bringen, ich war noch nie in meinem Leben so angespannt, da ich wirklich nicht wusste, wie ich reagieren werde, ob ich mich beherrschen kann und nicht allen an den Hals springe. Dort angekommen hat die Gastmutter immer noch ihre Miene aufgesetzt und auf lieb und lustig gemacht. Lauter Lügen, nur Müll der geredet wurde. Ich habe gerade wirklich keine Kraft, alles genau niederzuschreiben, jedoch hat man in manchen Momenten die wahren Gesichter gesehen, in denen wir auch beleidigt wurden. Fakt ist, nachdem Lisa und ich unterschrieben hatten, weigerte sich die Gastmutter auf einmal, sie will alleine das Original behalten, selbst zum Bürgermeister gehen und es beglaubigen lassen. Natürlich haben wir uns quergestellt, nachdem sie gemerkt hat, dass wir uns nicht bequatschen lassen, hat sie unterschrieben und wir haben Kopien gemacht. Aber, dass das Ganze so einfach funktioniert, war leider nur eine Wunschvorstellung. Plötzlich hat die Gastmutter erfunden, dass sie nach Atakpamé zu Irenes leiblicher Mutter will, um sie über alles zu informieren. Sie wollte heute alleine mit ihr fahren, was Lisa und ich ebenfalls verweigert haben, da wir wirklich besorgt um Irenes Sicherheit sind. Jetzt fahren wir nächsten Sonntag gemeinsam, auch mit Georges. Das ist sehr wichtig, da Irenes Mutter leider kein Französisch redet und die Gastmutter ihr somit auf Ewe lauter Lügen erzählen kann, darin ist sie ja sehr gut, und wir alleine nicht intervenieren könnten.
Das aber wirklich Schlimmste für mich war das, was Irene mir dann Zuhause erzählt hat. Ihre Familie in Atakpamé, eine Schwester, ein Bruder und ihre leibliche Mutter, leben in bitterer Armut. Dass ihre Mutter kein Französisch spricht, zeigt, dass sie schon immer bettelarm ist, da sie nicht einmal zur Schule gehen konnte. Die Familie lebt in einem halb eingefallenen Haus, die Mutter ist schwer krank und völlig abgemagert. Das Schulgeld für die kleine Schwester haben sie durch einen ganzen Sommer harter Arbeit gerade so zusammenbekommen, meine Angst, dass Prostitution mitgespielt hat, ist auch noch nicht ganz gewichen(leider ist das hier für viele Mädchen der letzte Ausweg, es ist keine Seltenheit, aber jedes Mal eine Tat aus Verzweiflung und für das nackte Überleben). Irenes Vater ist schon vor 7 Jahre gestorben. Das alles hat sie mir bis jetzt nur erzählt und Sonntag werde ich es sehen, Irene hat gesagt, dass es schockierend ist, ich es aber schaffen muss, auf keinen Fall zu weinen, da das hier in Togo wirklich schlimm ist und die Leute damit nicht zurecht kommen. Ich habe Angst, blanke Angst. Was ich am Sonntag sehen werde, wird vermutlich alles übertreffen, was ich bis jetzt hier erlebt habe. Ich habe heute drei Stunden unbeweglich in meinem Zimmer gesehen und geweint(natürlich nicht so, dass Irene es sieht - sie hat es trotzdem mitbekommen und daraufhin gemeint, sie haut ab, da ich zu sehr leide. Ich hoffe das zeigt euch ein wenig, wie tragisch es für die Togolesen ist, wenn man weint.), da ich psychisch an meinen Grenzen bin und dieses Leid einen auffrisst, genauso wie diese unfassbare Show, die meine ehemalige Gastfamilie heute abgezogen hat, ich frage mich, wie Menschen so falsch und so grausam sein können.
Im Moment passieren Dinge, die mich für mein Leben prägen werden, Worte und Taten, die ich niemals vergessen werde.
Jedenfalls habe ich mir viele Gedanken gemacht, mir ist schon lange klar, dass ich eine Patenschaft für Irene übernehme und ich auch diejenige bin, die die nächste Zeit ihr Leben finanzieren wird, sprich Schulgeld, Wohnung, Nahrung(sie wiegt mit 15 Jahren nur 43 Kilo) und was sonst essentiell ist. Nach Sonntag aber werde ich vermutlich noch wesentlich mehr zu helfen haben und ich möchte jetzt ganz offiziell darum bitten, für die Leute, die bereit sind mir sozusagen zu meinem baldigen Geburtstag ein "Geschenk" zu machen oder es sowieso vor hatten, mich zu kontaktieren (Facebook oder Email: hannah.cook@web.de) und Spenden für Irene und ihre Familie zu geben, ich möchte dieses Jahr nichts sonst zum Geburtstag erhalten, denn ganz ehrlich - ich habe alles was ich brauche. Was brauche ich noch? Mir geht es gut, ich lebe ein gutes Leben. Hier gibt es wirkliche Probleme, Fälle, in denen jeder Euro zählt. Also, wenn ihr bereit seid, ich freue mich über jeden Cent, den ich für Irene aufbringen kann. Danke. Vielen vielen Dank.

Samstag, 2. März 2013

Irene

Ja, meine kleine Irene, mein Sorgenkind.
Nachdem sie Malaria hatte und wir damit schwarz auf weiß etwas gegen meine Ex-Gastmutter in der Hand hatten, sind wir auf der Suche nach einem Zimmer, in dem sie dauerhaft alleine wohnen kann. Jetzt allerdings wohnt sie ein paar Tage bei mir, da die ganze Situation hier eskaliert ist.
Da Irene wegen der durchaus starken Malariaerkankung Spritzen in den Po bekommen hat, konnte man ihrem wohl eher sonderlichen Gang direkt ansehen, dass sie behandelt wurde. Die Gastfamilie selbst hat es gar nicht gemerkt, erst als Schulkameraden nach Hause kamen um nach ihr zu schauen und leider ohne nachzudenken losgeredet haben, ist das Ganze aufgeflogen. Danach hat die Gastmutter selbst gesagt, Irene soll und kann das Haus verlassen. Gestern Abend sollte dann eigentlich der ganze Showdown sein, doch Irene ist weder aufgetaucht noch war sie erreichbar und ich daher mit meinen Nerven völlig am Ende wegen der Horrorszenarien die ich mir ausgemalt habe. Geplant war, dass sie ihre Sachen packt und abends friedlich mit einem hinterlassenen Brief aus dem Haus geht. Das hat leider nicht so ganz funktioniert, weshalb ich in Richtung ihres Hauses gefahren bin(in Begleitung!) um zu sehen, ob sie wirklich zu Hause ist. Dabei ist genau in dem Moment - wieder so ein dämlicher Zufall - Fabiola, die große und bösartige Gastschwester, auf dem Moto vorbeigefahren und hat mich in ihrem Viertel gesehen. Durch eine ziemlich glaubwürdige Ausrede konnten wir sie jedoch relativ leicht täuschen. Zwischenzeitlich war ich so verzweifelt, dass ich kurz davor war einfach in mein ehemaliges Zuhause reinzugehen und Irene zu holen oder beziehungsweise die Polizei zu rufen, ich war mir wirklich nicht sicher, ob ihr was angetan wurde. Georges jedoch konnte mich wieder einigermaßen beruhigen.
Also sind wir ohne Ergebnis zurück in unsere Wohnung, als ich gegen halb fünf morgens durch permanente Anrufe meiner Gastmutter geweckt wurde. Es hat etwas gedauert, bis ich eine SMS von Irene entdeckt habe, dass sie vor meiner Haustür steht. Das Mädchen ist nachts um vier von Zuhause abgehauen, wurde erwischst, es gab eine heftige Diskussion und die Gastfamilie hat Teile ihrer Habseligkeiten einbehalten. Natürlich wollten alle wissen wo sie hin geht, selbst gesagt hat sie es nicht, aber wohin sonst außer zu mir soll sie denn schon hingehen, sonst hat sie ja niemanden. Also ging der Telefonterror weiter, genauso wie die scheinheiligen SMS ob Irene denn gut bei mir angekommen wäre. Ich war mir nicht sicher, was und ob Georges vielleicht zu ihnen gesagt hatte, deswegen habe ich keinen Anruf entgegen genommen, sondern bis sieben gewartet, Georges kontaktiert, der ebenfalls pausenlos angerufen wurde und zur Gastfamilie gebeten wurde.
Dort wurden wieder die wildesten Lügengeschichten aufgetischt, der Hammer schlechthin war wohl die Aussage der Gastmutter, dass sie zur Polizei gehen wollte, da ich Irene gekidnappt hätte. Mit Verlaub, diese Frau ist wirklich gestört. Georges selbst hat ihr erklärt, dass das ganze ein Schuss in den Ofen für sie wäre, da dann die Misshandlung Irenes an die Justiz kommen würde und Irene völlig freiwillig zu mir gekommen ist - genau so, wie die Gastmutter selbst zu ihr gesagt hat, sie soll gehen, was sie jetzt widerum leugnet.
Nun gut, von der Gastfamilie weggefahren, ruft Georges mich panisch an, dass ich Caro, eine andere Freiwillige, die Fabiola kennt, sofort anrufen muss und sie davon abhalten, dass sie mit Fabiola zu mir kommt. Dieses Teufelsmädchen hielt sich für ganz schlau und hat scheinheilig zu Caro gesagt, sie wolle mich besuchen aber wisse ja nicht, wo mein neues Zuhause ist - aus gutem Grund, da ich nichts mehr mit ihr zu tun haben will, und somit auch die Sicherheit Irenes weg wäre. Zwei Minuten später und Caro hätte mit ihr vor der Tür gestanden, sie konnte sie gerade noch abwimmeln und einen Termin als Vorwand nehmen, warum sie doch nicht mit ihr zu uns kommen kann. Daraufhin lies Fabiola nur ausrichten:"Mama ist stocksauer und Irene muss SOFORT nach Hause kommen." Tja - die träumen mal wieder.
Georges ist erneut zu der Gastfamilie gefahren, hat erklärt, dass Irene für ein paar Tage bei mir wohnt, bis wir für sie selbst ein Zimmer gefunden haben(ich fahre im Mai weg, daher keine permanente Lösung), sie nicht wiederkommen wird und er die restlichen Sachen von Irene mitnehmen mag. Das hat die Gastmutter zuerst verweigert, erst mit Drohung von Polizei hat sie eingewilligt, dass wenn ich einen "Vertrag" unterschreibe, auf dem ich für die nächsten Tage die Verantwortung für Irene übernehme und Irene, Georges und ich morgen vorbeikommen. Ich soll doch nochmal erklären, warum ich überhaupt aus der Familie weg bin, was mich denn gestört hätte - ich glaube diese Aussage zeigt, wie wenig meine Ex-Gastmutter und Fabiola verstehen, was sie Irene angetan haben, man kann nur beten, dass sie es eines Tages verstehen.
Jetzt allerdings ist wichtig, dass heute für Irene ein neuer Lebensabschnitt begonnen hat und sie ihre schreckliche Kindheit hinter sich lassen kann.
Vielliecht klappt mein Menschenrechtsprojekt nicht, ich kann nicht unterrichten, weil Schüler die Schulgebühr nicht bezahlen aber eins weiß ich - dass ich nach Togo gekommen bin, hat einene tiefen Sinn, denn ich habe Irene das Leben gerettet.