Die gute alte Gastmutter wollte uns noch einmal einen
kleinen Streich spielen, wir haben uns auch schon gewundert, dass alles auf
einmal so ruhig abgelaufen ist.
Die Freiwillige, die vor mir in der Familie war, hat ein
Paket an die Gastmutter geschickt, wo auch etwas für Georges, Roger und auch
Irene enthalten war. Wie zu erwarten, hat sie nur die Teile für Georges und
Roger weitergegeben, Irenes Part wurde einbehalten. Da sie mir aber vorher
geschrieben hatte, wusste ich genau Bescheid und auf einen Anruf hin hat sie
die Gastmutter darum gebeten, Irenes Teile bitte an Roger oder Georges zu
geben, damit Irene nicht noch einmal zurück in dieses Haus muss. Es war klar,
dass sie das natürlich nicht so macht, sondern Irene heute Morgen in der Schule
aufgesucht hat, welche danach völlig aufgelöst zu mir kam, da so alles wieder
in ihr hochgekommen ist. Auch, weil man ihr gestern gesagt hat, dass Fabiola,
meine ehemalige Gastschwester, im alten Quartier rumerzählt, Irene wäre jetzt
völlig verwahrlost, alleine und am hungern, ich wäre schon zurück in
Deutschland, jetzt hätte sie niemanden und müsste noch mehr leiden als vorher –
völliger Quatsch eben. Da muss man einfach drüber stehen, was in Afrika aber
ziemlich schwierig ist, da hier mehr geschwätzt wird als in deutschen Dörfer
und das den Leuten hier wirklich etwas ausmacht.
Jedenfalls hat die Gastmutter Irene heute dazu aufgefordert,
mittags vorbeizukommen und die Sachen abzuholen. Die Kleine hat erstaunlich
schlau reagiert und sich auf keinen festen Termin eingelassen, sondern gesagt,
sie kommt, wenn sie Zeit hat und wann wüsste sie momentan nicht genau. Das hat
der Gastmutter natürlich gar nicht geschmeckt, da sie schon wieder irgendetwas
ausheckt und Irene bloß nach Hause locken will, am besten noch mit mir im
Gepäck. Darauf lassen wir uns natürlich nicht ein, denn wie wir gelernt haben,
schreckt diese Frau vor nichts zurück. Daher gehen wir jetzt direkt zur
Polizei, die bekanntlich auf dem Laufenden der Geschehnisse in der
Vergangenheit ist, und lassen es so regeln, dass die Gastmutter alles direkt
dort hinbringen muss. Gut, dass ich auch eine detaillierte Liste der Sachen
habe, die für Irene sind – wenn auch nur eine Sache fehlt, wird die Polizei
wohl alles andere regeln. Damit sind wir aus dem Schneider, keiner Gefahr
ausgesetzt und die Gastmutter versteht hoffentlich endgültig, dass wir uns
nicht tricksen lassen. Traurig, dass das
Spiel wohl immer noch weiter geht. Ich hoffe, dass Irene mental stark bleibt,
da sie das alles, vor allem auch die Erzählungen des Mädchens aus dem alten
Quartier, ziemlich herunter gezogen haben.
Ansonsten gibt es, um ehrlich zu sein, nicht viel zu
berichten. Man lebt den togolesischen Alltag, ich hatte wieder zwei Tage frei,
da der Streik weitergeht und damit keine Schüler auftauchen und ansonsten
bleibt nur zu sagen, dass ich heute in sechs Wochen schon heim fliege! Mein
Gott.. Die Zeit rast und ich bin im riesigen Zwiespalt zwischen Vorfreude auf
Zuhause und Trauer, dass ich mein neues Leben hier schon wieder verlasse. Es
ist wirklich der Wahnsinn, wie sehr man sich an das Leben hier gewöhnt hat – es
ist jetzt einfach normal hier zu sein, man kennt alles, weiß, wie die Dinge
ablaufen. Aber bald ist das schon wieder vorbei… Ich sollte jeden Tag voll
nutzen!
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