Dienstag, 26. Februar 2013

Ein paar viele Probleme



Leider geht hier im Moment mal wieder alles etwas drunter und drüber, da das eben zum togolesischen Alltag dazugehört, werde ich mal über meine Probleme berichten.
Nach wie vor ist es an der Schule, an der ich drei Vormittage arbeite, mehr als schwierig. Die Lehrer tauchen nicht auf, die Schüler wollen daher logischerweise nicht den zweiten fälligen Betrag des Schulgeldes bezahlen. Gestern ist während meines Unterrichts der Direktor rein und schickt jeden einzelnen meiner Schüler heim, damit sie Zuhause das Geld für die Schule holen, vorher darf ich keinen Unterricht mehr machen. Meiner Meinung haben die Schüler aber absolut recht mit ihrem Protest, warum die bezahlen sollen, wenn seit mehreren Monaten kaum Lehrer auftauchen. Ausgerechnet gestern ist dann gerade danach ein Lehrer zum ersten Mal seit Ewigkeiten an die Schule gekommen – gerade dann, wenn gerade alle heimgeschickt wurden!! Ob der jemals wiederkommt, ist fragwürdig.
Abgesehen davon wurde einem der Schüler, der sich getraut hat, gegen den Direktor zu gehen und die Meinung zu sagen, nun im Prinzip Geld gestohlen. Es fehlten noch 5000 CFA für den ersten Betrag der Schulgebühr, er hat dem „surveillant“, der Mann, der die Abwesenheitsliste führt und für Ordnung sorgt(nicht selten mit Schlagstock, aber den konnte ich erfolgreich und bis jetzt inkognito entweden-juhu!) 10000 CFA gegeben, jetzt eine Quittung über die lediglich 5000 fehlenden erhalten und der Direktor behauptet jetzt, nie mehr Geld bekommen zu haben und hat gleichzeitig den Aufpasser fristlos gekündigt und schon ersetzt, da er diesem unterstellt, jetzt mit den Schülern unter einer Decke zu stecken.  Dieser Direktor ist wirklich einer der widerlichsten Menschen, die ich bis jetzt in Togo getroffen habe, er lügt wie gedruckt. Beispielsweise arbeitet er seit Jahren mit Georges zusammen und macht immer einen auf riesen Vertreter der Menschenrechte, hat jetzt aber seine eigene Tochter aufgrund einer Beziehung zu einem Jungen verprügelt. Klar, dass es ihm so gar nicht schmeckt, wenn die Schüler, naja,  einige wenige, eben mal den Mund auf machen. Ich vergöttere sie dafür wirklich, es sind drei Stück, die wirklich die richtige Denkweise haben, sie sagen, wenn nicht alle Angst hätten und man als Gruppe arbeiten würde, könnte man was bewirken. Wie recht sie haben.
Für mich auch wirklich tragisch ist, dass einer der Schüler, von dem ich am meisten gehalten habe, illegaler weise Benzin und Marihuana aus Ghana nach Togo eingeführt hat, dabei erwischt wurde und jetzt 7-10 Jahre im Knast sitzen wird. Er hat mit dieser Aktion schlicht und ergreifend sein Leben weggeworfen und wird in Togo keine Arbeit mehr finden – wenn er den Knast übersteht. Hier wurde ich auch schon gefragt, ob ich eine Summe von 2000 Euro zum Freikaufen geben könnte – was das für eine psychische Belastung ist, muss ich euch glaube nicht erklären. Das Ganze kam jetzt noch im Fernsehen, dass wirklich ganz Kpalimé Bescheid weiß.  
Dann musste ich gestern wieder die Erfahrung machen, dass Togo, wenn die Menschen hier ihre Denkweise nicht ändern, niemals aus der Armut herauskommen kann. Ein Freund von mir, der (wie die meisten Menschen hier) nicht viel Geld hat, wird bald eine größere Summe erhalten und meinte, er wird sich dann direkt ein Moto kaufen. Es war das absolute Sinnbild der togolesischen Mentalität: ein Denken bis maximal zum nächsten Tag, wenn man Geld hat, wird alles auf einmal ausgegeben, kein Mensch denkt ans Sparen, falls mal eines Tages eine größere Anschaffung oder eine Krankheit ansteht. Auch fehlt den meisten Togolesen jegliches Gefühl für Berechnungen, ich habe ihm dann beispielsweise vorgerechnet, dass es fünf Jahre dauern wird, bis er die Summe für das Moto durch seine Arbeit wieder drin hat, da war er selbst sehr erstaunt und ich konnte ihn so – Gott sei Dank! – zum Nachdenken bringen. Den Leuten fehlt wirklich die Fähigkeit ein Langzeitdenken zu entwickeln. Daher frage ich mich wirklich, wie dieses Land der Armut entkommen soll.
Meine größte Sorge ist und bleib jedoch meine geliebte (Gast)schwester Irene. Für sie ist es zuhause jetzt noch schwieriger da ich nicht da bin, wir treffen uns jedoch mehrmals die Woche, wo ich ihr zu Essen, Geld und sonstige Dinge gebe die sie braucht. Das alles ist eine Sache, jetzt jedoch kam etwas, womit Georges und ich wirklich was in der Hand haben, damit wir sie aus dieser Familie rausholen können. Ich komme gerade (zum dritten Mal) vom Krankenhaus mit ihr, da sie Malaria hat, und zwar schon ziemlich lange. Sie hat der Gastmutter mehrfach über ihre Beschwerden berichtet, sie hat gebrochen, Kopfweh, Müdigkeit, Fieber und sonst alle möglichen Schmerzen, daraufhin meinte meine ehemalige Gastmutter nur, dass sei bestimmt Malaria, doch sie soll nicht denken, dass sie ihr Geld fürs Krankenhaus oder Medikamente geben wird. Das ist der wohl offensichtlichste Akt gegen Irenes Recht auf Gesundheit und medizinische Behandlung, da wir jetzt schwarz auf weiß einen positiven Malariatest haben, dürfte ihrem Umzug nichts mehr im Weg stehen, heute Abend treffe ich mich mit Georges um das alles zu besprechen. Natürlich bin jetzt diejenige, die die komplette Behandlung für sie bezahlt hat, aber als sie gegenüber dem Arzt meinte, dass ich für sie noch mehr mache als eine Mutter und ihr mehr bedeute, wusste ich, dass es jeder einzelne bis jetzt verbrauchte Cent und alle die noch kommen zu hundert Prozent wert sind. Sie ist so ein intelligentes Mädchen, trotz all dieser Schwierigkeiten bin ich sicher, dass sie die Examen bestehen wird und dann kann für ein Mädchen wie ihr einer besseren Zukunft nichts mehr im Wege stehen.
Ja, ich denke ihr merkt selbst, dass sich hier im Moment die Sorgen ziemlich anhäufen, da man diese dauerhafte psychische Belastung hat reichen oft auch kleine Probleme, damit die Welt mal ganz grau aussieht. Aber glücklicherweise wohne ich ja jetzt mit Lisa zusammen, das gibt uns beiden wirklich Kraft. Und bitte denkt jetzt nicht, ich bin todunglücklich – keineswegs! Ich kriege schon wieder die Krise, weil meine Zeit, die mir hier verbleibt, schon wieder drei Monate unterschritten hat. Trotz all der Probleme bewahre ich meinen Frohsinn, meine Hoffnung und meine positive Ansicht. Ca va aller! :-)

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