Mein Gott, ich fliege diese Woche, diesen Freitag, nach
Hause. Momentan ist mir das wieder gar nicht bewusst, letzten Mittwoch bis
Freitag habe ich es verstanden und daher hauptsächlich geweint. Jetzt besteht
gerade wieder große Freude auf zu Hause – was esse ich zuerst? Vollkornbrot,
Hackfleisch, Spinat, Quark, Döner? Deutsches Essen ist absolut genial. Viel
mehr noch freue ich mich natürlich auf meine Familie und meine Freunde, wie
lange ich alle so schmerzhaft vermisst habe, der Gedanke euch so bald wiederzusehen
kommt mir zu schön vor, um wahr zu sein. So oft habe ich mir vorgestellt, wie
mein Tag der Heimkunft wird und jetzt ist er bald da – nur verstehe ich das
nicht.
Wenn ich es verstehe, dann bin ich wirklich traurig. Was ich
hier aus Togo mitnehme, beziehungsweise hinter mir lasse, ist mehr, als ich je
gedacht hätte. Manch einer mag es übertrieben finden, aber im Prinzip habe ich
jetzt so etwas wie eine „Tochter“. Meine kleine Irene. Jeden einzelnen Tag
werde ich mich um sie sorgen, mich fragen, ob es ihr gut geht, man sich um sie
kümmert und ob sie zu Recht kommt. Das Problem ist, dass man hier niemandem
trauen kann, nicht mal den Mitarbeitern der Organisation und das ist mein
Hauptproblem, weshalb ich mich so schwer tue, ruhigen Gewissens von hier zu gehen,
obwohl alles bestmöglich geregelt ist. Ich bin gespannt, wie sich das alles
entwickelt, ob das wirklich etwas „fürs Leben“ ist, und ich später vielleicht
mal meinen Kindern Irene vorstelle oder ihnen zumindest davon erzähle, da es
mir auch dann noch so wichtig wie momentan sein wird. Allerdings geht es nicht nur
um Irene – wie werden meine Schüler sich machen? Schaffen alle das Abitur, was
schlagen sie für Wege ein, nehmen sie ihr Leben in die Hand und probieren aus
der bitteren Armut hier herauszukommen, beziehungsweise – so hart das ist, hier
aber wirklich notwendig zu fragen – geht es ihnen noch gut oder ist etwas
Schlimmes passiert?
Überhaupt – Togo, gehört das jetzt immer zu meinem Leben? Geplant
ist, dass ich in den Semesterferien herkomme und auch sonst kann ich mir nicht
vorstellen, dieses Kapitel einfach zu streichen. Es ist eben was ganz anderes
als mein damaliger Austausch nach Australien, hier sind solche tiefen
Verbindungen entstanden, die einen nicht loslassen. Außerdem werde ich mich von
Deutschland aus für den Bau einer Internatsschule für behinderte und
benachteiligte Kinder einsetzen.
Ja, ich glaube, dass Togo jetzt ein fester Bestandteil
meines Lebens ist und bis zum Ende bleibt. Zumindest hoffe ich es, dass ich
niemals vergesse, wie wichtig mir das alles war und ich meine Ziele hierfür
nicht aus den Augen verliere.
Ich hoffe, ich kann euch einigermaßen vermitteln, in welch
einem Dilemma ich mich befinde. Ich muss ehrlich zugeben, so etwas in meinem
Leben noch nicht durchgemacht zu haben, aber auch das werde ich wohl irgendwie
geregelt kriegen. Ich denke einfach an all die schönen Menschen und Dinge, die
mich zuhause schon erwarten. Bis ganz bald im eisig kalten Deutschland – 10 Grad
und Regen als Vorhersage, Ende Mai?! Das kann doch keiner ernst meinen!