Montag, 20. Mai 2013

Verwirrung



Mein Gott, ich fliege diese Woche, diesen Freitag, nach Hause. Momentan ist mir das wieder gar nicht bewusst, letzten Mittwoch bis Freitag habe ich es verstanden und daher hauptsächlich geweint. Jetzt besteht gerade wieder große Freude auf zu Hause – was esse ich zuerst? Vollkornbrot, Hackfleisch, Spinat, Quark, Döner? Deutsches Essen ist absolut genial. Viel mehr noch freue ich mich natürlich auf meine Familie und meine Freunde, wie lange ich alle so schmerzhaft vermisst habe, der Gedanke euch so bald wiederzusehen kommt mir zu schön vor, um wahr zu sein. So oft habe ich mir vorgestellt, wie mein Tag der Heimkunft wird und jetzt ist er bald da – nur verstehe ich das nicht.
Wenn ich es verstehe, dann bin ich wirklich traurig. Was ich hier aus Togo mitnehme, beziehungsweise hinter mir lasse, ist mehr, als ich je gedacht hätte. Manch einer mag es übertrieben finden, aber im Prinzip habe ich jetzt so etwas wie eine „Tochter“. Meine kleine Irene. Jeden einzelnen Tag werde ich mich um sie sorgen, mich fragen, ob es ihr gut geht, man sich um sie kümmert und ob sie zu Recht kommt. Das Problem ist, dass man hier niemandem trauen kann, nicht mal den Mitarbeitern der Organisation und das ist mein Hauptproblem, weshalb ich mich so schwer tue, ruhigen Gewissens von hier zu gehen, obwohl alles bestmöglich geregelt ist. Ich bin gespannt, wie sich das alles entwickelt, ob das wirklich etwas „fürs Leben“ ist, und ich später vielleicht mal meinen Kindern Irene vorstelle oder ihnen zumindest davon erzähle, da es mir auch dann noch so wichtig wie momentan sein wird. Allerdings geht es nicht nur um Irene – wie werden meine Schüler sich machen? Schaffen alle das Abitur, was schlagen sie für Wege ein, nehmen sie ihr Leben in die Hand und probieren aus der bitteren Armut hier herauszukommen, beziehungsweise – so hart das ist, hier aber wirklich notwendig zu fragen – geht es ihnen noch gut oder ist etwas Schlimmes passiert?
Überhaupt – Togo, gehört das jetzt immer zu meinem Leben? Geplant ist, dass ich in den Semesterferien herkomme und auch sonst kann ich mir nicht vorstellen, dieses Kapitel einfach zu streichen. Es ist eben was ganz anderes als mein damaliger Austausch nach Australien, hier sind solche tiefen Verbindungen entstanden, die einen nicht loslassen. Außerdem werde ich mich von Deutschland aus für den Bau einer Internatsschule für behinderte und benachteiligte Kinder einsetzen.
Ja, ich glaube, dass Togo jetzt ein fester Bestandteil meines Lebens ist und bis zum Ende bleibt. Zumindest hoffe ich es, dass ich niemals vergesse, wie wichtig mir das alles war und ich meine Ziele hierfür nicht aus den Augen verliere.
Ich hoffe, ich kann euch einigermaßen vermitteln, in welch einem Dilemma ich mich befinde. Ich muss ehrlich zugeben, so etwas in meinem Leben noch nicht durchgemacht zu haben, aber auch das werde ich wohl irgendwie geregelt kriegen. Ich denke einfach an all die schönen Menschen und Dinge, die mich zuhause schon erwarten. Bis ganz bald im eisig kalten Deutschland – 10 Grad und Regen als Vorhersage, Ende Mai?! Das kann doch keiner ernst meinen!

Donnerstag, 16. Mai 2013

Alle guten Dinge sind drei

Heute war ich erneut im Krankenhaus, die Malaria ist zwar weg und das Ohr auch schon besser, allerdings habe ich jetzt ein paar Pilze im Bauch. Auf die letzten Tage nehme ich hier wohl alles mit was geht! Aber auch die werde ich wohl hoffentlich loswerden und nicht als Souvenir mit nach Deutschland nehmen ;-)
Was etwas wirkliches Erfreuliches ist, dass ich heute zum letzten Mal mit der Hand gewaschen habe, juhu! Das ist eines der wenigen Dinge, die mir wohl wirklich gar nicht fehlen werden, Waschmaschine, ich erwarte dich sehnlichst!
Achso, eben haben wir wohl das interessanteste Pärchen überhaupt kennengelernt. Zwei super sympathische Australier aus dem wunderschönen Melbourne, die nach Europa geflogen sind, sich in Deutschland einen dicken Jeep gekauft und - aufgepasst - mit besagtem Auto bis hier her nach Togo gefahren sind und "je nach Lust und Laune" vermutlich noch bis nach Tanzania weiterziehen. Ist das nicht verrückt? Ich hoffe, ich bin auch so interssant als Rentnerin!
So, nun muss ich weiter kleine Tütchen mit Keksen, Armbändern und Fotos für meine Lieblingsklasse packen, die ich morgen wirklich zum letzten Mal sehen werde... Taschentücher liegen schon bereit. Einfach nur traurig!!

Dienstag, 14. Mai 2013

Und weiter geht's

Auf die letzten Meter scheint es mich dann doch noch einmal erwischen zu wollen! Die Malaria ist jtezt hoffentlich weg, am Donnerstag werde ich vorsichtshalber noch einen erneuten Test zur Sicherheit machen, allerdings hat mich jetzt eine Entzündung im äußeren Gehörgang heimgesucht - fragt mich nicht, wie man sich sowas einfängt! Jedenfalls war ich heute beim überraschend guten Ohrenarzt im großen Krankenhaus, der mir gefühlt einmal den gesamten atlantischen Ozean durchs Ohr gejagt hat und Antibiotika verschrieben hat, damit dürfte es dann hoffentlich gehen.
Abgesehen davon ist alles beim Alten, in mir, Gefühlschaos hoch zehn, außerhalb der normale togolesische Chaos-Alltag. Morgen hat Irene ihre erste Prüfung für die mittlere Reife, Sportexamen. Da darf die "Mama" natürlich nicht zum Anfeuern fehlen. Außerdem will mich ihr Schulleiter kennenlernen und über ihre neue Lebenssituation reden.
Wow... in 10 Tagen fliege ich einfach nach Hause. Ob mir das bewusst ist? Keineswegs. Heute bin ich zum letzten Mal eine Strecke hier gefahren, kurz habe ich begriffen was los ist, und direkt geweint. Ich freue mich die meiste Zeit extrem auf Deutschland, euch alle wiederzusehen, aber wenn ich es dann schaffe, für einen kurzen Moment zu realisieren, dass ich hier bald weg bin, wird mir ganz anders. Jetzt gerade realisiere ich es wieder überhaupt nicht, ich denke, ich werde noch ewig über diesen Blog meine Neuigkeiten zu euch kommen lassen, dabei ist das schon jetzt einer meiner letzten Posts. Ich hoffe einfach, dass dir wirklich große Krise erst in Deutschland kommt und ich so meine letzten Tage hier noch genießen kann. In diesem Sinne, euch allen eine gute Nacht.

Sonntag, 12. Mai 2013

Tanzauftritte

So, hier mal zwei Videos, damit ihr euch einen Eindruck von mir und meiner Tanzgruppe verschaffen könnt :-)
Beide Videos stammen vom gestrigen Bob Marley Festival

Mittwoch, 8. Mai 2013

Malaria

Es hätte wirklich nicht sein müssen, aber auf den letzten Metern hier in Togo hat mich die Malaria dann doch noch erwischt.
Nachdem es mir seit einigen Tagen nicht so gut ging(leichtes Fieber,Durchfall,Müdigkeit) und heute morgen noch Erbrechen dazu kam, war ich im Krankenhaus um ein paar Tests zu machen, eigentlich dachte ich, meine Amöbenfreunde im Bauch sind zurück aber leider hat mir Lisa soeben einen positiven und leider recht starken Malariatest mitgebracht. Verdamt!! :-( Macht euch keine Sorgen, ich habe noch ein Medikament aus Deutschland dabei, wovon ich mir jetzt nette 12 Pillen einschmeißen darf, meiner Krise hier ist eher mental, da ich fast schon stolz war, hier so gesund durchzukommen und in meinen letzten zwei Wochen hätte das jetzt wirklich nicht sein müssen. Abgesehen davon darf ich jetzt ewig kein Blut spenden, was mir immer wichtig war.
Also sind jetzt wohl ein paar Tage im Bett angesagt, allein schon wegen der Nebenwirkungen die das starke Malarone mit sich bringt. So habe ich mir meine kostbare letzte Zeit hier nicht vorgestellt! Aber hey - das wird schon.

Sonntag, 5. Mai 2013

Zweites Spektakel

Gestern hatten wir unseren zweiten Auftritt, dieses mal zuhause in Kpalimé. Anlässlich der Eröffnung der Positive Reggae Bar wurden wir eingeladen wieder zu zeigen, was die Weißen so drauf haben.
Schon morgens haben wir wieder eine Karavane durch die Stadt gemacht, dieses mal angenehmerweise auf Motos und mit Tüchern als Plakatwerbung - klasse, die togolesische Art und Weise Werbung zu machen und Aufmerksamkeit zu erregen, eine Schlange laut hupender Motos mit einem Auto voller Trommler hinterher.
Abends haben wir dann - leider direkt nach einer absolut fantastischen "richtig" afrikanischen Gruppe getanzt. Wir alle fanden uns ziemlich schlecht, das Publikum ist allerdings total aufgeflippt, da es eine Sensation ist die Weißen tanzen zu sehen und das alle ganz toll finden. Insgesamt wieder ein super Tag und eine einmalige Erfahrung die ich nicht vergessen werde :-) Love Africa!





Donnerstag, 2. Mai 2013

Irenes Zukunft

Zunächst einmal: Ganz Togo ist im Bayernfieber! Was ein Spiel gestern, hier ging es fast so rund wie bei den Togospielen im Afrikacup. Schön, dass das Finale am Tag ist, an dem ich heimkomme - so oder so wird da feiertechnisch einiges los sein ;-)
Nun aber zu den wichtigen Dingen: Da sich meine Abreise wirklich mit riesigen Schritten nähert, wird es Zeit hier alles in die Wege zu leiten, dass Irenes Zukunft einigemaßen abgesichert ist. Die ganze Zeit bestand die Frage, wo sie dauerhaft wohnen wird, wie die Geldversorgung gesichert wird ... Georges ist seit Montag zurück von seiner Deutschlandreise und gestern haben wir uns zusammen gesetzt. Leider kommt Irene mit dem Mädchen, mit dem sie momentan zusammen wohnt(Cheritah) nicht so gut aus wie erhofft, was leider nicht zuletzt ihr eigenes Verschulden ist, da sie sozusagen alles probiert, um ihren inneren Wunsch alleine oder mit Lisa/mir zusammenzuwohnen durchzusetzen und hat deswegen recht unfaire Methoden eingesetzt, die dafür gesorgt haben, dass Cheritah sie jetzt nicht mehr all zu gerne mag. Ob das ein wirklich dankbares Verhalten ist, nach all dem was wir für sie getan haben, ist fraglich, aber das zeigt wieder einmal ihre Unreife. Die ist auch genau der Grund, warum es für mich ausgeschlossen ist, dass sie jetzt alleine wohnt(abgesehen davon, dass es illegal wäre!), denn wenn sie es nicht mal schafft, ihre Medikamente regelmäßig zu nehmen, nachdem man es ihr gesagt und aufgeschrieben hat, bezweifle ich stark, dass sie sich komplett selbst organisieren kann. Auch wenn man sieht, dass sie anfängt wenigstens ein bisschen selbstständig zu werden, schließlich hat sie mit Cheritah über die Dinge gesprochen, die sie stören - leider auf eine etwas unglückliche Art und Weise, aber immerhin traut sie sich langsam, sich auszudrücken, denn das bleibt nach wie vor ein immenses Problem.
Bis August wird sie jetzt bei Cheritah bleiben, eins der "großen" Probleme, dass sie dort nicht in Ruhe für den Abschluss lernen kann, haben wir so gelöst, dass sie jetzt immer zu Georges, der sehr nahe wohnt, gehen kann, und wir ihr dort eine Tafel stellen. Im Juli bereits, wenn Lisa noch da ist, wird ihr ein neues, größeres Zimmer gesucht, in das sie mit einem Mädchen, welches sie bereits kennt und wirklich mag, zusammenziehen wird. Bis Februar/März bleibt das die Wohnsituation, wenn ich dann zurückkomme(ja, das ist fest geplant :-)) und ich sehe, dass sie wirklich selbstständiger geworden ist, bin ich sofort bereit, anlässlich ihres 18. Geburtstages im April eine eigene Bleibe für sie zu suchen.
Bezüglich des Geldes, was ihr mir alle zugesandt habt - noch einmal ein riesiges DANKE - werden wir am Dienstag ein Konto auf ihren Namen, mit Roger als 2. Inhaber eröffnen. Ich werde alles darauf überweisen und bis mindestens August wird es jetzt Roger sein, der ihr wöchentlich das Geld geben wird, da sie keineswegs damit umgehen könnte, und ich befürchte, dass innerhalb von wenigen Monaten das Geld, was mindestens ein Jahr reichen kann, für unsinnige Dinge aus dem Fenster geschmissen würde.